Dürfen wir vorstellen: unser Beirat Prof. Dr. Guido Kroemer, der meistzitierte Autophagie-Forscher der Welt
In der Porträtserie unserer wissenschaftlichen Beiräte wollen wir Euch heute Prof. Dr. Guido Kroemer vorstellen. Falls Euch der Name bekannt vorkommt, ist das kein Zufall. Er wird weltweit äußerst gerne zu Autophagie, Immunologie, Krebsforschung und Zellbiologie zitiert. Und das ist eine glatte Untertreibung.
Dass es uns gelungen ist Prof. Dr. Guido Kroemer an Bord zu holen, freut uns besonders. Immerhin ist es bei aller Bescheidenheit praktisch unmöglich einen Wissenschaftler mit mehr Expertise auf dem Gebiet des programmierten Zelltods und der Mitochondrienforschung zu finden. Umso stolzer sind wir, dass ihn unser wissenschaftlicher Anspruch, unsere Haltung und unsere Vision überzeugt haben und er ein Mitglied unseres Beirats wurde, um uns auf Basis hochaktueller Erkenntnisse strategisch zu beraten.
Prof. Kroemer widmet sich in seiner Forschung seit vielen Jahren dem programmierten Zelltod, der sogenannten Apoptose. Seine Arbeiten zum Thema gelten als bahnbrechend. Aber was ist Apoptose eigentlich? Nun, dahinter steckt ein Prozess, der sich bildhaft am besten als ein Selbstmordprogramm der Zelle bezeichnen lässt. Denn Apoptose baut einzelne geschädigte Zellen auf eine ganz besondere Art ab – und zwar so, dass benachbarte Zellen dabei keinen Schaden nehmen.
Ein Leben für den Zelltod
Im Zentrum seiner Forschung stehen beim programmierten Zelltod vor allem die Mitochondrien. Dabei handelt es sich um wichtige Zellorganellen. Ihre Aufgabe: die Energieversorgung der Zellen. Das ist auch der Grund, warum man sie oft „Kraftwerke der Zellen“ nennt. Zu den besonderen Leistungen von Prof. Kroemer zählt, dass es ihm als Erster gelang, das Rätsel um die Rolle dieser Mitochondrien bei der Apoptose zu enthüllen.
Durch seine Forschungsarbeit wurde erkannt, dass Mitochondrien bei den Abbauprozessen des programmierten Zelltods, durchlässiger werden („permeabilization”). Und, dass dieses Durchlässigwerden ein entscheidender Schritt der Apoptose ist. Damit leistete er einen bedeutenden Beitrag, den programmierten Zelltod besser zu verstehen und ebnete den Weg für weitere wissenschaftliche Durchbrüche. In anderen Worten: Seine Arbeit ist die Basis für das Verständnis, Erkennen und die therapeutische Beeinflussung des Zelluntergangs.
Auch in der Krebsforschung erlangte Prof. Kroemer international Beachtung, da er mit seiner Arbeit zur Immunogenität des Zelltods von Krebszellen einen wichtigen Beitrag zur Zellbiologie und Krebsforschung leistete. Kein Wunder, dass es in den Bereichen Immunologie, Krebsforschung und Zellbiologie zumindest in Europa keinen öfter zitierten Wissenschaftler gibt. Zu seinen weiteren Forschungsschwerpunkten zählen neben dem Zelltod und der Onkologie auch die Molekularbiologie, Immunologie und Metabolismus.
Alles begann in Tirol
Seine Weltkarriere startete Prof. Kroemer an der Universität Innsbruck, die er 1985 abschloss. Anschließend arbeitete er als Postdoktorand und habilitierte 1990 in Pathophysiologie. Im selben Jahr zog es ihn nach Spanien und er wechselte als Forschungsgruppenleiter an diverse Einrichtungen des Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC). 1992 erwarb er an der Autonomen Universität Madrid erneut einen Ph.D., diesmal in Molekularbiologie. Ein Jahr später wechselte er an das INSERM nach Villejuif in Frankreich.
Seit 2010 ist Prof. Guido Kroemer Professor an der medizinischen Fakultät der Universität Paris Descartes und Direktor des dortigen European Research Institute for Integrated Cellular Pathology. Zudem ist er Direktor der Forschungseinheit Apoptosis, Cancer and Immunity am Institut national de la santé et de la recherche médicale (INSERM) und Direktor der Einheiten für Metabolomik und Zellbiologie am Institut Gustave Roussy. Zusätzlich arbeitet er als Arzt am Hôpital Européen George Pompidou in Paris und hat eine Professur am Karolinska Institutet (Schweden) inne.
Derzeit unterstützt er weltweit mehr als 30 Fach-Redaktionen. Außerdem setzt er sich als Chefredakteur von Cell Death & Disease für den internationalen Wissenstransfer auf diesem Gebiet ein. In Summe publizierte er in seiner Laufbahn mehr als 550 wissenschaftliche Arbeiten und wurde weltweit etwa 50.000-mal zitiert.
Grund genug für uns, ihn auch in diesem Text zu zitieren:
„My credo is that the only valuable reason for doing science is a combination of intense curiosity together with a profound love for the everyday life in the laboratory. If you like the smell of mice, the noise of refrigerators, the color of medium, the shape of cells in the microscope, the flavor of unslept nights working at the bench and the excitement of performing literature searches, then you might become a scientist. For becoming a good scientist, you must unite basic qualities (intelligence and diligence) and basic defects (insatisfaction, insecurity and impatience) in the soul of an anarchist rebel who still wants to change the world and to conquer knowledge from terra incognita. And you need some social skills, because science always is a collective adventure.” (Prof. Kroemer)
Wenig überraschend wurde Prof. Kroemer in den letzten Jahren mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Uns wiederum ehrt es, ihn in unserem Gremium an Bord zu haben. Und wir freuen uns mit einem wissenschaftlichen Beirat wie ihm neue spannende Perspektiven auf das Thema der Altersprävention in unsere eigene Arbeit integrieren zu können und unsere Erkenntnisse laufend gemeinsam zu erweitern.
Prof. Kroemer Professor hat die österreichische und die spanische Staatsangehörigkeit. Er spricht neben Deutsch fließend Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch. Er ist mit der Onkologin Laurence Zitvogel verheiratet.
Ausgewählte Publikationen:
Kroemer, Guido et al. (2015) Regulation of autophagy by cytosolic acetyl coenzyme A. Molecular Cell, Bd. 59 (4), S. 522-539.
Kroemer, Guido et al. (2013) Anticancer chemotherapy-induced intratumoral recruitment and differentiation of antigen-presenting cells. Immunity, Bd. 38 (4), S. 729-741.
Senovilla, Laura; Vitale, Ilio; Martins, Isabelle; Tailler, Maximilien; Pailleret, Claire et al. [..] (2012) An immunosurveillance mechanism controls cancer cell ploidy. Science, Bd. 337 (6102), S. 1678-84.
Kroemer, Guido et al. (2011) Autophagy-dependent anticancer immune responses induced by chemotherapeutic agents in mice. Science, Bd. 334, S. 1573-1577.
Green, D. R.; Galluzzi, L.; Kroemer, G. (2011) Mitochondria and the autophagy-inflammation-apoptosis axis in cell death and organismal aging. Science, Bd. 333 (6046), S. 1109-1112.
Ausgewählte Auszeichnungen
2000 Mitglied der European Molecular Biology Organization
2006 Descartes-Preis als Leiter des APOPTOSIS-Projekts
2007 Mitglied der Leopoldina
2007 Carus-Preis der Leopoldina
2007 Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
2007 Mitglied der Academia Europaea
2008 Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste
2008 Prix Mergier-Bourdeix der Académie des sciences
2010 Präsident der European Cell Death Organization
2010 Mitglied der European Academy of Sciences
2012 Léopold-Griffuel-Preis
2017 Charles-Rodolphe-Brupbacher-Preis für Krebsforschung (gemeinsam mit Adrian Bird und Laurence Zitvogel)
2018 InBev-Baillet Latour Health Prize (gemeinsam mit Laurence Zitvogel)