Nobelpreis für die Erforschung des zellulären “Recycling Programms“

Nobelpreis für die Erforschung des zellulären “Recycling Programms“

Wissenschaft, TLL LongevityLabs

Wie jedes Jahr wurden im Oktober die diesjährigen Nobelpreise bekanntgegeben. Vor allem in den naturwissenschaftlichen Kategorien werden wissenschaftliche Errungenschaften prämiert, die von großer Bedeutung für die Menschheit sind. Wie so oft gehen diese Entdeckungen und die Menschen dahinter in der medialen Wahrnehmung aber leider zu schnell verloren.

Aus diesem Grund möchten wir Yoshinori Ohsumi vorstellen. Der japanische Zellbiologe wurde 2016 für das erweiterte Verständnis der Autophagie mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet.

Ohsumi konnte erstmals nachweisen, dass Zellen den evolutionären Vorgang der Autophagie aktivieren, wenn sie „hungern“. Bei einer Kalorienrestriktion ab 14 oder mehr Stunden wird der sogenannte autophagische Prozess eingeleitet, bei dem beschädigte Zellorganellen von einer Membran überzogen und „verdaut“ werden. Dadurch erlangen vor allem gealterte Zellen nicht nur ihre vollständige Funktionsfähigkeit zurück, der „Selbstverzehr“ produziert noch zusätzlich Energie, die dem Körper zur Verfügung steht. So können gealterte Zellen, die faktisch am Ende ihres Lebenszyklus stehen, den bevorstehenden Zelltod durch dieses „Recycling Programm“ hinauszögern indem die ganzheitliche Funktionalität wiederhergestellt wird.

Diese Erkenntnisse fanden vor allem in der Alterungsforschung Eingang und haben rasch zu einem völlig neuen Verständnis des menschlichen Alternungsprozesses beigetragen.

„I am deeply moved by the interest that has been shown in autophagy research, which for me has represented an incredible journey over the last 28 years. It’s my greatest pleasure and honor as a basic scientist if our work was able to trigger a development in our understanding of life. I await the continued development of the field over the years to come with great anticipation.”

Die Autophagie und ihre Rolle im Alterungsprozess

Die Autophagie spielt in allen Organismen eine wichtige Rolle. Sie sorgt bei gegebenem Nährstoffangebot für ein sensibel, ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Aufbau und dem Abbau von Proteinen.

Während der Autophagie werden vor allem auch Substanzen verdaut, die schädlich für unseren Organismus sind – wie beispielsweise verklebte Proteine in Nervenzellen, die für Alzheimer bzw. Demenz verantwortlich gemacht werden. Wird die Autophagie nicht mehr aktiviert, altert die Zelle und es kommt zur Apoptose – dem Zelltod.

Basierend auf diesen Erkenntnissen konnte in Mausstudien belegt werden, dass Tiere, die länger ohne Nahrung auskommen müssen, langsamer und gesünder altern als solche, die üppig ernährt werden. Äußerst deutlich hat sich das im Bereich der Neuronen und des Gehirns gezeigt.

Kurzbiografie

Yoshinori Ohsumi wurde 1945 in Fukuoka (Japan) geboren. Ursprünglich hatte er mit einem Chemie-Studium begonnen, wechselte aber bald zur Molekularbiologie. Er ging an die Rockefeller University in New York und forschte danach an der University of Tokyo. 1996 wurde er Professor am National Institute for Basic Biology in Okazaki, 2004 Professor an der Graduate University for Advanced Studies in Hayama. 2009 emeritierte er und wurde Professor am Tokyo Institute of Technology. Ohsumi hat für seine Forschungen zahlreiche Auszeichnungen erhalten und kann eine große Anzahl an Zitationen in renommierten Fachzeitschriften nachweisen.

Wichtigste Publikationen

Takeshige, K., Baba, M., Tsuboi, S., Noda, T. and Ohsumi, Y. (1992). Autophagy in yeast demonstrated with proteinase-deficient mutants and conditions for its induction. Journal of Cell Biology 119, 301-311

Tsukada, M. and Ohsumi, Y. (1993). Isolation and characterization of autophagy-defective mutants of Saccharomyces cervisiae. FEBS Letters 333, 169-174

Mizushima, N., Noda, T., Yoshimori, T., Tanaka, Y., Ishii, T., George, M.D., Klionsky, D.J., Ohsumi, M. and Ohsumi, Y. (1998). A protein conjugation system essential for autophagy. Nature 395, 395-398

Ichimura, Y., Kirisako T., Takao, T., Satomi, Y., Shimonishi, Y., Ishihara, N., Mizushima, N., Tanida, I., Kominami, E., Ohsumi, M., Noda, T. and Ohsumi, Y. (2000). A ubiquitin-like system mediates protein lipidation. Nature, 408, 488-492

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